Empirische Studie zur Differenz zwischen den Test- und Trainingsprogrammen Senso-Control I und II und deren Bedeutung für die Interpretation durch Trainer und Sportler
Im Sportschießen werden bereits seit 1973 auf der Basis umfangreicher Anforderungsanalysen mehr oder weniger regelmäßig psychische und sensomotorische Komponenten der Handlungsregulation mittels apparativer und computergestützter Methoden erfasst. Die ständige Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten führten immer wieder zu Einsatz neuer Methoden, was zwangsläufig Fragen der Vergleichbarkeit der auf unterschiedliche Weise erhobenen Daten aufwarf. Entsprechende Vergleichsuntersuchungen sicherten jeweils eine sinnvolle Interpretation möglicher Abweichungen.
Von 1996 bis zu den Olympischen Spielen in Peking 2008 wurde das von PIHAULE und KRATZER entwickelte Senso-Control I erfolgreich und problemlos im Sportschießen eingesetzt. Da das Programm auf MS-DOS-Basis arbeitete und kaum noch Computer mit diesem Betriebssystem im Einsatz waren, wurde eine Neuentwicklung erforderlich, die von der Fa. RIKA übernommen wurde. Schon erste Überprüfungen in der Sportpraxis zeigten, dass insbesondere bei reaktiven Parametern testwerte zu Stande kamen, die deutlich von den bisherigen abwichen, nicht mehr vergleichbar waren. Aufgrund der veränderten Gestaltung einzelner Testverfahren ergaben sich Probleme bei der Interpretation der erzielten Werte. Dies betrifft insbesondere den Bereich Informationsaufnahme – Informationsverarbeitung – Reaktion. Aufgrund der aufgetretenen Differenzen, die bei allen überprüften Sportlern beobachtet werden konnten, wurde entsprechend den Forderungen der Praxis beschlossen, eine Vergleichsuntersuchung mit einer größeren Stichprobe (mindestens 30) durchzuführen, um die Unterschiede zwischen Senso-Control I und II hinreichend zu beschreiben.
Dabei sind folgende Fragestellungen von besonderem Interesse:
- Welche Unterschiede (Richtung, Größe der Differenzen) ergeben sich bei den untersuchten Testverfahren ?
- Welche Interpretationshinweise lassen sich ableiten ?
- Wie erklären sich festgestellte Unterschiede, lassen sich daraus Vorschläge für die Entwicklung von Senso-Control III ableiten?
- Wie kann der Einsatz von Senso-Control als Trainingsmittel im Kaderbereich intensiviert werden ?
Die Vergleichsuntersuchung wurde im Rahmen des Trainingsprozesses durchgeführt. Einbezogen wurden A/B-Kader (n = 26), die über das Test- und Trainingsprogramm Senso-Control II verfügen, sowie C/D-Kader (n = 10), die zumindest Überprüfungserfahrungen
hatten, selber aber kein Programm besitzen. Es wurde ein ausbalancierter Versuchsplan erstellt, um Abfolgeeffekte zu vermeiden. Erfasst wurden sämtliche Reaktionsparameter (einfache Reaktion, antizipierte Reaktion, Unterscheidungsreaktion), die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie die optische Auffassungsgeschwindigkeit.
Es zeigt sich, dass bei Senso-Control II deutlich bessere Werte bei der Einfachreaktion erreicht werden, die nach entsprechenden Analysen auf technische Veränderungen zurückzuführen sind, welche zu einer Minimierung der in herkömmlichen Systemen vorhandenen Verzögerungen führten. Bei komplexeren Reaktionen gehen die Unterschiede auf die Modifizierung der Erfassungsmethoden zurück. Dies betrifft insbesondere die Reaktion auf bewegliche Objekte (antizipierte Reaktion), wo die Veränderung der Bewegungszeiten zu einer Erhöhung der Anforderungen führte und somit zu längeren Reaktionszeiten. Die für die einzelnen Parameter ermittelten Differenzen wurden der Sportpraxis zur Verfügung gestellt und haben zu einer vergleichenden und sinnvollen Interpretation der mit Senso-Control II erhobenen Daten beigetragen.
Für die Entwicklung des Test- und Trainingsprogramms Senso-Control III ergeben sich folgende Vorschläge, wobei die Aussagen der an der Untersuchung beteiligten Sportler einbezogen wurden:
- Die Kalibrierung sollte ohne Zusatzeinrichtung möglich sein, da die gegenwärtige Lösung die praktische Handhabung erheblich erschwert.
- Der Maskenhintergrund sollte dunkler gestaltet werden, um einen deutlichen Kontrast herzustellen.
- Die Bewegungszeiten bei der antizipierten Reaktion sollten in mehreren (nicht nur drei) Stufen erfolgen und den Leistungsmöglichkeiten der Sportler entsprechen.
- Rückkehr zur quadratischen Maske bei der Erfassung der optischen Auffassungsgeschwindigkeit.
- Bei der optischen Auffassungsgeschwindigkeit sollte der Einsatz sportartspezifischen Reizmaterials (Zielbilder) überprüft werden.