Der Einfluss der Anlaufgeschwindigkeit auf die Sprungweite im Dreisprung

Die Untersuchung des Einflusses der Anlaufgeschwindigkeit auf die Sprungweite im
Dreisprung ist Thema der vorliegenden Ausarbeitung. Dass es hier ebenfalls eine hohe
Abhängigkeit bzw. einen großen Einfluss der Anlaufgeschwindigkeit auf die Dreisprungweite
gibt, ist unstrittig. Aber wie hoch dieser Einfluss ist und ob sich eine Konkretisierung
analog zu der 70-Prozent-Aussage im Weitsprung auch im Dreisprung
treffen lässt, blieb bislang unbefriedigend beantwortet, da die ältere und häufig auch
sich darauf beziehende aktuelle und gängige Literatur zu diesem Thema kein einheitliches
Bild zeichnet.
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Hypothese aufgestellt, dass der Einfluss der Anlaufgeschwindigkeit
auf die Dreisprungweite gleich hoch bzw. nur unwesentlich geringer
als im Weitsprung ist, wenn man als Argumentationsbasis die vorgenannten 70 Prozent
zugrunde legt. Zur Untermauerung der These werden biomechanische Zusammenhänge
der leistungsbestimmenden Faktoren Horizontalgeschwindigkeit und Vertikalgeschwindigkeit
herausgearbeitet und im Ergebnis festgestellt, dass jeder Absprung
unweigerlich ein Abbremsen zur Folge hat und somit jeder nachfolgende
Sprung mit reduzierter Horizontalgeschwindigkeit ausgeführt werden muss.
Die uneinheitlichen Standards bei der Erfassung verschiedener Testparameter erschweren
die Vergleichbarkeit verschiedener Studien. Zur besseren Einordnung werden
die wichtigsten Untersuchungsparameter des 70-Prozent-Wertes im Weitsprung
erörtert, dieser Wert stellt ein Bestimmtheitsmaß (r2 = 0,70) in heterogenen Gruppen
dar. Anhand eines komplexen Literaturstandes werden die unterschiedlichen Ergebnisse
verschiedener Studien zu diesem Thema zusammengetragen und gegenübergestellt.
Auf Basis aktuellerer biomechanischer Daten des OSP Hessen sowie weiterer
internationaler Auswertungen zu Weltmeisterschaften erfolgen zusätzliche Korrelationsuntersuchungen
von Anlaufgeschwindigkeit und offizieller Sprungweite unterschiedlicher
Leistungsgruppen mit nationalen und internationalen Springern sowie
Vergleiche mit den Ergebnissen der Literatur. Dabei zeigt sich, dass der Korrelationskoeffizient
bzw. das Bestimmtheitsmaß in heterogenen Gruppen höher ausfällt als in
homogenen Gruppen, d.h. je homogener der Leistungsbereich einer Gruppe, desto
geringer die Korrelation. Gestützt durch weitere Untersuchungen des OSP Hessen
ergibt sich für den Bereich der heterogenen Gruppe der Männer ein Bestimmtheitsmaß
von ebenfalls mindestens 0,70. Bei der heterogenen Gruppe der Frauen hingegen liegt
das Bestimmtheitsmaß lediglich bei 0,64. Während somit also die Anlaufgeschwindigkeit
bei den Männern 70 Prozent der Dreisprungweite erklärt, lässt sich analog für den
Frauenbereich nur 64 Prozent der Weite durch die Anlaufgeschwindigkeit erklären.
Folglich kann für den Bereich des Männerdreisprunges die Hypothese uneingeschränkt
bejaht werden, wohingegen diese im Bereich des Frauendreisprungs abgelehnt
werden muss. Ausgehend von diesen hohen Bestimmtheitsmaßen, stellt die Anlaufgeschwindigkeit
immer noch das dominierende leistungsbestimmende Merkmal
dar. Der Einfluss der Vertikalgeschwindigkeit (spezielle Sprungkraft und Technik) auf
die Weite ist zwar nachrangig, kann aber ebenfalls als hoch betrachtet werden und
weist Werte für das Bestimmtheitsmaß von 0,25 bis 0,42 auf.
Auf Basis der Ausarbeitung können folgende Schlussfolgerungen ausgesprochen werden:
Frauen erreichen Dreisprungweiten statistisch gesehen weniger geschwindigkeitsorientiert,
wobei jedoch nach sprungkraftbetonten und geschwindigkeitsorientierten
Sprungschulen zu differenzieren ist. Es gilt zur Erzielung einer bestimmten Weite
zumindest einen bestimmten Anlaufgeschwindigkeitskorridor zu erreichen. Eine Steigerung
der Anlaufgeschwindigkeit um 0,1 m/s bedeutet einen theoretischen Weitengewinn
von ca. 23 bis 24 cm bei den Männern und ca. 21 bis 22 cm bei den Frauen.
In Anbetracht dessen sollte die Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit das vorrangige
Ziel eines jeden Dreispringers sein. Dabei darf die Anlaufgeschwindigkeit jedoch nicht
isoliert betrachtet werden, da es im Großen und Ganzen um eine optimale Anlaufgestaltung
geht. Folglich sollten Teilaspekte der Gestaltung, wie Lauftechnik, Laufökonomie,
Anlaufrhythmus, Anlaufschrittgestaltung, Anlaufposition und Anlaufschnelligkeit
explizit im Training erarbeitet werden, was eine entsprechend hohe Gewichtung im
Gesamttrainingsprozess erfordert. Erst in der Phase des Anschlusstrainings und der
Vervollkommnung sollte ein verstärkter Fokus auf die spezielle Sprungkraft erfolgen.
Gerade für junge Dreispringer, die sich noch gut in der Schnelligkeit entwickeln lassen,
muss die Schaffung einer soliden Schnelligkeitsbasis das oberste Ziel sein.

Standorte
Online; Schrank; Lei84
Ort
Köln
Jahr
2015
Studiengang
DTS 2 - 19
Autoren
Charles Friedek