Schweizer Trainertagung 2012: Olympiaanalyse London 2012

Profile picture for user Christoph Dolch
12.12.2012 | 14:21 Uhr

"You need to be an athlete not just a rower" war eine der wichtigsten Botschaften, die der Head Coach der Swiss Rowing Federation Simon Cox seinen Ruderern in Vorbereitung auf die olympischen Spiele in London mitgab. Der Brite machte in wenigen Jahren den schweizer Leichtgewichtsvierer zu einem Medaillenkandidaten und berichtete nun auf der schweizer Trainertagung in Magglingen über den vergangenen Olympiazyklus. Das Thema der Tagung lautete London 2012: «From best practice to next practice» und im Mittelpunkt stand der Rückblick auf London 2012 und der Ausblick auf die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro. Neben Simon Cox analysierten zahlreiche andere schweizer Nationaltrainer die Spiele aus ihrer Sicht und der Perspektive ihrer Sportart. Die Trainerakademie Köln war als Partner der schweizer Trainerausbildung eingeladen und konnte sich einmal mehr von der Qualität der schweizer Traineraus- und Fortbildung in Magglingen überzeugen.

Hier nun eine kurze Zusammenfassung der Veranstaltung. (Quelle: BASPO) Angehängt haben wir zudem den Vortrag zur SPLISS-Studie über die Berufs- und Arbeitssituation der Trainer in Schweiz. Hier sind sicherlich auch Rückschlüsse auf die Trainersituation in Deutschland möglich. Weitere Vorträge der Veranstaltung auf Anfrage.

Bei den Olympischen Spielen in London hat die Schweizer Delegation mit vier Medaillen und sechs Diplomen die Erwartungen nicht erfüllt. «Der Schweizer Sport braucht mehr finanzielle Mittel, um künftig international bestehen zu können», zog London-Missionschef Gian Gilli das Fazit aus den Auswertungen der Olympischen Spiele in London. Nicht nur das Geld allein war aber ausschlaggebend, dass 32 Rangierungen im 102-köpfigen Schweizer Team im letzten Drittel des jeweiligen Wettkampfklassements lagen. «Das hat uns überrascht», so Gilli, «denn die vor London während der Saison erzielten Resultate haben ein anderes Bild gezeigt.»

Defizite in der Professionalität
Bei der Ursache nach Gründen, nennt Gilli auch Pech, das dem einen oder anderen widerfuhr (Beispielsweise der Sturz von Fabian Cancellara im Strassenrennen). «Aber bei einigen war es auch die fehlende Olympiaerfahrung, man muss Olympische Spiele einmal erlebt haben, um dann bei einem nächsten Mal bestehen zu können», sagte Gilli. Bei gewissen Sportarten nannte der Bündner «Defizite in der Professionalität». Dabei liege es nicht daran, dass sie sich nicht professionell vorbereitet hätten.
Aber im Vergleich zu anderen Nationen fehlten ganz einfach die Ressourcen, um den nötigen Aufwand überhaupt betreiben zu können. «Alle Medaillengewinner waren erfahrene Athleten aus kommerzstarken Sportarten», bilanzierte Gilli. «Es sind Zellen, ‒ Athlet, Trainer und Umfeld ‒ die hochprofessionell funktionieren.» So wie beispielsweise der Tennisstar Roger Federer, der Olympiasilber gewann.

Keine Trendwende
Hanspeter Stamm vom Sportobservatorium Schweiz betrachtete das Abschneiden der Schweiz in London von der statistischen Seite und verglich es mit den Spielen seit 1964. Sein Fazit: «London war unterdurchschnittlich, die Erwartungen wurden nicht erfüllt, aber es ist keine Trendwende auszumachen.» Die ursprüngliche Vorgabe von 8 bis 10 Medaillen der Delegationsleitung sei im langjährigen Vergleich «nicht realistisch» gewesen. Zu gering sei ausserdem der Erfolgsbeitrag der Frauen im Team, da gebe es noch Steigerungspotential.

Ressourcen fehlen
Seit der Inkraftsetzung des neuen Sportförderungsgesetzes am 1. Oktober 2012 darf der Bund den Spitzensport und den leistungsorientierten Nachwuchssport ganz offiziell fördern. «Wir machen im Bereich des Leistungssports viel mehr als früher», sagte dazu Urs Mäder, Verantwortlicher Leistungssport am BASPO. Der Bund unterstützt den Sport in Zusammenarbeit mit Swiss Olympic und den Verbänden subsidiär. Von den 190 Mio., die der Bund pro Jahr für den Sport aufwendet, gehen 37 Mio. in den Leistungssport (Beitrag von Swiss Olympic 43 Mio.). Zurzeit werden am BASPO sieben Wintersport- und zehn Sommersportverbände betreut. «Wenn neue Sportarten dazu kommen würden, hätten wir im Moment zu wenig Ressourcen», sagte Mäder. «Von den Anlagen und der Anzahl Mitarbeitenden her, können wir zur Zeit nicht mehr Verbände betreuen.»

Was funktioniert in vier Jahren?
Zu Beginn der Tagung hatte Adrian Bürgi, Leiter der Trainerbildung, gesagt, dass man herausfinden müsse, was in vier oder in acht Jahren funktionieren müsse. In Referaten und Workshops wurden Lösungen erarbeitet und mögliche Wege aufgezeigt.
Erkenntnisse und Forderungen in Kurzform: 

  • Athleten frühzeitig und rechtzeitig fördern und fordern
  • Beste (Athleten) sollen mit Besten (Trainern) trainieren – mit Coaches aus dem In- oder Ausland
  • Umgang mit Druck lernen
  • Dem mentalen Aspekt mehr Beachtung schenken 
  • Mehr Profitum (im Sinne das Trainingsarbeit 100%-ig geleistet werden muss)
  • Bessere Zusammenarbeit zwischen BASPO und Swiss Olympic
  • Die Armee soll in der Förderung des Spitzensports noch mehr Einfluss nehmen (d.h. mehr Zeitmilitär-Spitzensportlerstellen)

Back to the basics
Adrian Bürgi erwähnte dazu eine Aussage des Ruder-Nationaltrainers Simon Cox, die ihn beeindruckt habe: «Back to the basics, sei der Weg, um später die besten Athleten zu erhalten, Nur wenn die Grundlagen richtig erarbeitet und gelernt würden, könne sich der Athlet so weit entwickeln, dass er seine Aufgabe von der Einstellung her später 100% professionell und damit auch erfolgreich erfüllen könne.»