Der „2nd International Workshop for Coaching Excellence“ fand vom 27.-29.4.2011 in Köln statt und wurde von der Trainerakademie Köln des DOSB gemeinsam mit dem ICCE (International Council for Coach Education) durchgeführt. Gefördert wurde diese Veranstaltung durch das Bundesministerium des Innern und den Deutschen Olympischen Sport
Inhalt:
Grußworte und Einführung Schon in den Grußworten von John Bales (ICCE-Präsident), Ministerialdirektor Gerhard Böhm (Abteilungsleiter Sport im Bundesministerium des Innern) und Thomas Weikert (Vorsitzender des Trägervereins „Trainerakademie Köln des DOSB“) wurden die beiden großen Themen umrissen, um die es gehen sollte: zum einen um das Berufsfeld des Trainers, zum Anderen um seine Aus- und Weiterbildung. Gefordert wurde eine Verbesserung in beiden Bereichen, der Ausbildung und dem Berufsfeld. Wer die Diskussionen gerade der Betroffenen in den letzten Jahren auch in Deutschland verfolgte, wird wissen, dass dort Einiges zu tun ist. Man denke nur an die Studienergebnisse von Digel bzw. Muckenhaupt und Mitarbeitern, an den Zwiespalt zwischen den DOSB-Maßnahmen der letzten Jahre ( Abschaffung des Beirates der Bundestrainer hier, eine - wenn auch gelegentlich als dahinplätschernd empfundene - Traineroffensive dort) oder an den bisher unerfüllten Wunsch, die Diplomtrainer durch den Zugang zum Bachelor-Abschluss in weiterführende Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung zu integrieren. Immerhin und erfreulich: Ministerialdirektor Gerhard Böhm äußerte sich, was weitere Entwicklungen der Rahmenbedingungen angeht, zuversichtlich und optimistisch! In den Beiträgen ging es international zu, manches ist den jeweiligen nationalen Gegebenheiten geschuldet, anderes aber durchaus vergleichbar oder anregend für die eigene Situation. Das Bemühen, international eine gewisse Vergleichbarkeit der Ausbildungsstufen herzustellen, war spürbar.
Trainer als Beruf „Trainer als Beruf“ – das ist so leicht dahingesagt. Aber wann wird Trainer zum Beruf? Reicht es als Entwicklungsschritt, wenn man – bisher ehrenamtlich tätig und erfolgreich – sich jetzt (gut) dafür bezahlen lässt und das Ganze als (Haupt-)Erwerbstätigkeit ausführt? Die Konferenz zeigte in aller Deutlichkeit auf: nein. Es bedarf u.a. einer Definition eines Berufsbildes mit einer Tätigkeitsbeschreibung (z.B.: was unterscheidet einen Trainer von einem Sportlehrer?), einer ausreichenden Expertise (doch wer legt die fest?), einer entsprechenden Qualifizierung (Frage der Aus- und Weiterbildung sowie der Zertifizierung) und der Rahmenbedingungen (Anstellungs- und Karrieremöglichkeiten, Rechtliches, aber auch Ansehen und Anerkennung). Gerade zu Beginn der Tagung stand mehrfach der deutliche Hinweis, dass diese genannten Elemente nicht nur für sich betrachtet werden dürfen, sondern in gegenseitiger Abhängigkeit und Einflussnahme stehen. So formulierte bspw. BÜRGI: „Ausbildung ist nur dann effektiv und nachhaltig, wenn auch Berufs- und Beschäftigungssituation optimal sind.“ Ebenso kann das Augenmerk auch nicht allein auf die hauptberuflichen Trainer gelegt werden. Sie spielen zwar eine wichtige Rolle, aber ohne nebenberufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter geht auch nichts, und der Ausbildungs- und Beschäftigungsweg beginnt in der Regel dort. Der Anteil Hauptberuflicher streut je nach Sportart und Land erheblich.
Was macht einen Trainer aus? Ein erster wesentlicher Zugang, was denn nun ein Trainer macht, ist die Aufgabe, sportliche Verbesserungen seiner Sportler zu steuern („guided improvement“). So allgemein formuliert, stellt sich schnell die Frage, WAS denn verbessert werden soll – oder: Verbesserung welcher Ziele bzw. Zielgruppen? Die vortragenden Vertreter gerade der europäischen Vereinigungen, einführend DUFFY, haben auf ein Modell mit vier Bestandteilen zurückgegriffen:
- Kinder (bzw. Anfänger)
- „Teilnehmer“ („participants“, also Freizeit- und Wettkampfsportler)
- Talententwicklung
- Hochleistung.
Trainer in den teilnahmeorientierten Tätigkeitsfeldern verfolgen mit ihren Sportlern Ziele wie persönliche Kompetenz, Vertrauen, Miteinander, Charakter oder Kreativität. Für den in den leistungsorientierten Feldern tätigen Trainer stellt DUFFY ein sechsstufiges langfristiges Spieler/Sportler-Entwicklungsmodell mit sechs langfristigen Phasen als Leitlinie vor:
- FUNdamental
- Learning to Train
- Training to Train
- Training to Compete
- Training to Win
- Retirement / Retainment
Entsprechend ergeben sich auch unterschiedliche Anforderungsprofile für die Trainer in den einzelnen Bereichen. Die gern geäußerte Formulierung „Die besten Trainer in den Nachwuchsbereich“ müsste demnach sicher angepasst werden zu „Der beste Trainer in den jeweils für ihn passendsten Bereich“! Interessant ist in dem Zusammenhang, was DICK in seinem Vortrag auf einer Folie mit einem Modell zur Trainerausbildung im Welt-Leichtathletik-Verband gezeigt hat: parallel zu den langfristigen Trainingsetappen Talentidentifikation > Talententwicklung > Elitesport werden dort hierarchische Trainer-Lizenzstufen im auch aus Deutschland gewohnten Sinne vorgestellt. Es gibt aber die ausdrückliche Ergänzung, dass „wegen der Bedeutung des Youth Coach in der Struktur“ ein Trainer mit dieser niedrigsten Lizenzstufe des Abschnitts Talententwicklung unter bestimmten Voraussetzungen direkt den Ausbildungszugang zur „höchsten“ Ausbildungsstufe Academy Coach (mit einer Spezialisierung im Nachwuchssport) erhalten kann
Profession und Exzellenz Von einer Profession (auch als Trainer) lässt sich nur sprechen, wenn eine Person nicht nur eine solche Tätigkeit „irgendwie“ ausführt, sondern dies auch auf hohem Niveau tut. Er muss u.a. ein entsprechender Experte sein und in seiner Tätigkeit eine hohe Effektivität in ihrer Praxis an den Tag legen, also zielgruppengerechten Erfolg bringen (dies ist eine Auswahl nur einiger Faktoren aus dem Beitrag von ABRAHAM). Expertise wird letztlich von der jeweiligen Peer Group definiert. Entscheidend dafür ist also die Trainerschaft („Community“) selbst. Aber auch die Gruppe der Trainer-Ausbilder, die Sportwissenschaftler und Forscher sowie diejenigen, die über die Trainertätigkeit forschen (!), gehören dazu. Zu beachten gilt es, dass diese vier Communitys nicht die gleiche Auffassung haben und die Gemeinsamkeiten begrenzt sind, insbesondere die Überschneidungen zwischen allen vier Gruppierungen. Auch werden diese durch ihr Umfeld mit beeinflusst. ABRAHAM nennt als typisch für eine erfolgreiche Trainertätigkeit u.a. langfristig orientierte Ziele und Methoden, eine große Bandbreite an Wissen, ein Interesse an langfristiger Entwicklung statt kurzfristigem Erfolg sowie Individualisierung und fortwährender Weiterentwicklung. Forschung zeigt zusammengefasst, dass ein Trainerexperte immer wieder Entscheidungen treffen und Probleme lösen muss – dies alles unter Zeitdruck und bei unvollständigen Informationen und Wissen. Hilfreich ist dabei das Denken in langfristigen Zusammenhängen – auch bei Entscheidungen in und für aktuelle Situationen. Er nennt dies „Nested Thinking“. DICK formuliert als die entscheidenden Fähigkeiten eines guten Trainers vergleichbar, aber auch ergänzend, mit „Entscheidungen treffen“ und „Führen“. ABRAHAM fordert, dass in der Trainer-Ausbildung nicht nur „Skills“ für das eigentliche Trainieren, sondern auch ausreichend Kenntnisse und Verständnis bezüglich des Ablaufs von Entscheidungsprozessen vermittelt werden müssen.
Der Weg zum guten Trainer Die langfristig angelegte Aneignung dieser Trainer-Expertise beginnt laut ABRAHAM damit, dass zunächst vorhandenes Wissen (z.B. von Anderen) aufgenommen wird, dieses immer mehr durch Erfahrungen, Reflektionen und Austausch sowie durch Theoriebildung und Erproben erweitert wird und sich letztlich eine wachsende Bereitschaft für Innovationen und eine kritische persönliche Theoriebildung durchsetzen. Daraus wird deutlich, dass eine lediglich „formale“ Trainer-Aus- und Weiterbildung zwar für den grundlegenden Einstieg geeignet ist, aber zunehmend eher „informelle“ Anteile wie Erfahrung und Reflektion, Austausch, verstärkte Kommunikation auch mit Forschung und Entwicklung hinzukommen müssen. Darauf müssen sich nicht nur das Aus- und Weiterbildungssystem, sondern auch die Trainer selbst, ebenso wie die (leistungs-)sportorientierten Serviceeinrichtungen, einstellen. Der herkömmlichen, wenn man so will „verschulten“, Trainerausbildung kommt somit eine notwendige und basisbildende, aber keineswegs hinreichende Rolle zu, der lange Weg zur Exzellenz braucht weitere Vermittlungs- bzw. Aneignungswege. ABRAHAM formuliert, dass es „nur“ 100 Stunden des Lernens benötige, um eine signifikanteWissensverbesserung zu erkennen, aber (nach Erkenntnissen der Expertiseforschung) 10.000 Stunden bis zur Exzellenz. Und wenn BÜRGI darauf hinweist, dass Trainer in den Verbänden häufig schon ihren Trainerberuf verlassen haben, lange bevor sie die genannten 10.000 Entwicklungsstunden absolvieren konnten, wird erneut klar, dass Veränderungen nicht nur auf der Ausbildungsseite nötig sind. Weitere Beiträge geben Einblicke in spezifische Problemfelder. KILLING stellt das Modell des Trainerreferendariats vor, mit dem der Ein- und Umstieg in die Verbandstrainertätigkeit erleichtert werden soll. Anschauliche Darstellungen erläutern die dramatischen Erweiterungen des Arbeitsfeldes, wenn ein erfolgreicher Heimtrainer zum Verbandstrainer „befördert“ wird und plötzlich ganz andere Aufgaben – zusätzlich! – bewältigt sein wollen. BIELZ stellt ein kanadisches Qualifizierungsprogramm für Top-Trainer vor. Auffällig waren besonders zwei Aspekte: zum Einen die starke Individualisierung (bzgl. des Lehrplanes und der Inhalte wie auch der Lernwege/Methodik) und zum Anderen eine Aussage über Wissenserwerb und –entwicklung in Zusammenarbeit mit den Sportwissenschaftlern: „der Trainer legt den zuarbeitenden Wissenschaftler fest“. SANDNER schließlich stellt internetgestützte Informationssysteme, u.a. SPRINT des IAT, vor. Interessant waren dabei die Ankündigungen von Weiterentwicklungen. Man darf gespannt sein auf die Möglichkeit, sich zu ausgewählten Veröffentlichungen in peer groups austauschen und diskutieren zu können!
Coach’s Charta DICK forderte in seinem Beitrag, dass für das Berufsbild des Trainers und seine Anerkennung Rechte und Pflichten definiert sein müssten. In einer sicher weitgehenden, aber als Diskussionsgrundlage gut tauglichen,
„Charta“ machte er dazu auch gleich einen umfassenden Vorschlag. Eindringlich forderte Frank Dick die anwesenden Trainerinnen und Trainer auf, aktiv in die aktuellen Diskussionen einzugreifen – das Motto: „Our profession – my responsibilty“!
Eingebundene Workshops In die Veranstaltung eingebunden war die Auftaktsitzung einer neuen Projektgruppe unter Leitung von John Bales (ICCE-Präsident), Pat Duffy (ICCE-Vizepräsident Europa) und Marisol Casado (ASOIF-Präsidentin, Präsidentin des Triathlon-Weltverbandes und IOC-Mitglied) die Vertreter des ICCE und der Association of Summer Olympic International Federations (ASOIF) zusammenführte. Die Aufgabe dieser Arbeitsgruppe, in der auch die Trainerakademie mitarbeitet,, besteht u.a., die Entwicklung des „Global Framework for the Recognition of Coaching Competence and Qualifications“ voranzutreiben. Die in diesem Zusammenhang vorliegenden Ansätze auf europäischer Ebene (European Framework for the Recognition of Coaching Competence and Qualifications) bilden hierbei eine wesentliche Grundlage der global eingeleiteten Aktivitäten in Bezug auf die Rolle der Trainerinnen und Trainer im internationalen Sport, auf deren Aus- und Fortbildung einschl. Fragen der Qualitätssicherung – dies alles mit dem Ziel, „Coaching as Profession“ zu etablieren und auszubauen. Außerdem konnte eine aus dem Da-Vinci-Förderprogramm mit EU-Mitteln geförderte internationale Arbeitsgruppe mit Teilnehmern aus Frankreich, Portugal, Ungarn und Bulgarien in Köln begrüßt werden. Schwerpunktmäßig befasst sich diese Gruppe mit speziellen Aspekten der Sprachausbildung (Englisch) im Sport.