Das Wertesystem im Judo und seine Erziehungsaufgabe
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zu großen Teilen mit dem erzieherischen Wert der Sportart Judo. Zunächst einmal ist die Frage legitim, ob ein solch pädagogischer Ansatz überhaupt in den Wurzeln der Sportart verankert ist. Der erste Teil der Arbeit liefert hierauf ausführlich eine Antwort, indem die Gedanken und Ideologien des Begründers Prof. Kanô geschildert werden. Die Ideen Kanôs werden am deutlichsten sichtbar in den von ihm formulierten Prinzipien des Judo, diese handeln nicht nur vom technischen Fortschritt, von der bestmöglichen Nutzung der körperlichen und geistigen Energie, sondern auch vom beiderseitigen Wohlergehen. Das Ziel Prof. Kanôs war nie die Entwicklung einer reinen Sportart, vielmehr wollte er ein Erziehungssystem entwickeln, welches zur Gesundung des japanischen Volkes beitragen sollte. Durch die präzise Formulierung von Werten und Etiketten wollte Kanô nicht nur für eine angemessene Haltung im Dojo sorgen, sondern den Jugendlichen einen Weg aufzeigen, wie sie ihr Leben bestreiten können. Somit ist eindeutig gezeigt, dass in der Sportart Judo mehr steckt, als nur ein Sport. Offensichtlich ist in den Grundideen Kanôs ein Erziehungssystem verankert, jedoch eines, das zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in Japan entstanden ist. Folglich ist ein Blick in die Gegenwart Deutschlands erforderlich. Bevor dieser Ausblick jedoch einen allzu kritischen Eindruck des modernen Judo entstehen lässt, liegt es nahe zunächst einmal die deutsche Gesellschaft zu betrachten und deren Umgang mit Werten zu ergründen. Genau dies macht der zweite Teil der Arbeit und liefert folgendes Ergebnis.
In der heutigen Gesellschaft ist ein ausgeprägter Wertewandel zu verzeichnen, zu beachten ist hierbei, dass ein Wertewandel nicht zwingend etwas Negatives sein muss und nicht mit einem Werteverlust verwechselt werden darf. Ein Wertewandel ist lediglich Zeugnis einer sich rapide weiterentwickelnden Gesellschaft, wie dies im 21. Jahrhundert der Fall ist. Auf diese Erkenntnis hin kann nun geprüft werden, wie es um die Werte im deutschen Judo des 21. Jahrhunderts steht. Eine Antwort darauf liefert die Auswertung von Fragebögen an Sportler, Trainer und Eltern, die deren Wissen in Bezug auf Judowerte, Etiketten und Prinzipien prüft. Aber nicht nur das Wissen sollte
abgefragt werden, sondern auch deren persönliche Einschätzung um die Bedeutung und der Relevanz der Werte. Das Ergebnis der Umfrage unterstützt den bereits geäußerten Verdacht, dass die traditionellen Werte, Etiketten und Prinzipien zweitrangig hinter dem sportlichen Erfolg geworden sind. Vor allem aber zeigen die Fragebögen, dass offensichtlich das größte Problem die mangelnde Kenntnis der Lehren und Ideen Kanôs ist. Gerade die Trainer zeigen durchaus Interesse an der
Umsetzung der Werte und erkennen ihre Bedeutung an, aber selbst sie verfügen häufig über nur ein sehr eingeschränktes Wissen über die Grundpfeiler ihrer Sportart.
Folglich setzt sich die Unwissenheit in den Reihen der Athleten zwangsläufig fort und breitet sich dort vermehrt aus.
Diese Arbeit zeigt, dass sich der postmoderne Mensch keineswegs in einer Zeit befindet, die keine Werte mehr nötig hat. Folglich kann sich das Judo sehr wohl auf
seine Traditionen berufen und somit einen eigenen Teil zur positiven Entwicklung der Gesellschaft leisten. Im letzten Teil liefert die Arbeit einige mögliche Ansätze, wie die
Sportart Judo in ihrer täglichen Praxis einen Schritt in die richtige Richtung gehen kann, um ihre eigenen Traditionen zu erhalten und mündige, verantwortungsbewusste Mitglieder für die Gesellschaft zu erziehen.