Neuerscheinung: Laufen als Methode der Selbsterkenntnis

26.04.2012 | 14:15 Uhr

Der Würzburger Sportwissenschaftler Harald Lange sucht in seinen zahlreichen Publikationen nicht die abstrakte Theoriebildung, vielmehr ist er der Sportpraxis und dem Trainingsalltag verpflichtet. In vielfältiger Weise, und auch in verschiedenen Sportarten beispielhaft erläutert, ist er bemüht, vor allem jungen Athlet/innen möglichst praktikable Impulse auf ihre je eigenen Wegen mitzugeben. Er versteht es, weiterführende Erkenntnisse und trainingswissenschaftliche Zusammenhänge praxisrelevant auf den Punkt zu bringen. Zudem zeigt er theoriegeleitet auf, dass eine individuell-dosierte Auseinandersetzung mit sportbezogenen Herausforderungen auch zu mehr Lebensqualität führen kann. Jüngster Beleg dafür: „Lauftraining im persönlichen Konzept. Trainieren als Methode psychologischer Selbsterkenntnis.“ (dgvt-Verlag, Tübingen 2012; 144 S.; 14,80 Euro, Inhaltsverzeichnis unter http://www.dgvt-verlag.de/pdf/9783871598630_IV.pdf).  Bereits das Titelbild vermittelt (s)eine Botschaft: Auf der Spurensuche eines Läufers wird nicht der Laufschuh-Sohlenabdruck als Marketing-Akzent fokussiert, sondern...: ein persönlicher Fingerabdruck! Eine geglückte Visualisierung des Buchtitels! Vieles, was Lange anderswo skizzenhaft, dargestellt hat, fasst er hier, überzeugend gegliedert und akzentuiert zusammen. Und was daraus geworden ist, darf sich sehen lassen: Es ist eine erstaunlich umfassende, natürlich qualitativ ausgerichtete Trainingslehre des Laufens.  Des Autors humanistisches Menschenbild widerspiegelt sich auch im Untertitel des Buches: Sein psychologischer Ansatz geht von der Überzeugung aus, dass systematisches Trainieren als Prozess ein wertvoller Weg zur Selbsterkenntnis sein kann. Aufschlussreiche Fallbeispiele geben zudem glaubwürdige Einblicke, die zur eigenen Umsetzung anregen.  Das wohl ewige Faszinosum des Sports, immer wieder erkennbar in dessen typischen Spannungsfeld zwischen Anforderung und Beanspruchung, kommt in seinen konzeptionellen Orientierungen deutlich zum Ausdruck:Seine philosophischen Leitideen stecken den Rahmen seiner trainingspädagogischen Sicht ab. Von dieser leitet Lange auch seine wesentlichen Anliegen und Intentionen ab, die am Ende naheliegenderweise in pädagogische Perspektiven münden. Seinen offensichtlichen eigenen Erfahrungshintergrund konkretisiert er in einem sinnstiftenden persönlichen Konzept, denn ein offenes Trainingsverständnis kann nur dann verantwortungsvoll umgesetzt werden, wenn die Erfolgsmethode, nämlich die Variation, das Herantasten an die optimale Dosierung des Einzelnen ermöglicht.   Wie klug doch abschließend Langes lebensphilosophische Überzeugung: „Da Trainingsfortschritte immer wieder neu sind, muss die Leistungsfähigkeit ständig aufs Spiel gesetzt werden!“ Ein in der Tat gelungenes Buch, aber auch ein möglicher Beitrag zu einer individuell differenzierenden und differenzierten Trainingslehre. Arturo Hotz