Die Auswirkungen der Mensurveränderung im Degenfechten auf die technisch-taktische und konditionelle Ausbildung im Nachwuchsbereich
Die vorgelegte Arbeit hat das Ziel, auf der Grundlage aktueller Wettkampfanalysen in der Sportart Fechten und in Abhängigkeit von den aktuellen Veränderungen speziell in Bezug auf die Mensurverringerung Konsequenzen für die Ausbildung des Fechtnachwuchses in der Disziplin Herrendegen aufzuzeigen. Kernfragen der Arbeit waren damit:
Welche Art der Kampfhandlungen wird heute bevorzugt und – bezogen auf die Verringerung der Mensur – genutzt? Ergibt sich daraus eine Präferenz im strategisch-taktischen Verhalten? Welche Rückschlüsse lassen sich durch die Wahl der Aktionen und des Verhaltens bei verringerter Mensur für die Ausbildung ziehen? Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen der strategisch-taktischen, technischen und konditionellen Ausbildung und wie sind diese für die Erhö-hung der Ausbildungsqualität zu nutzen? Auch wenn diese Punkte aus der Fechtsituation des Aktivenbereichs abgeleitet wurden, bilden sie für die Ausbildung des Fechtnachwuchses die strategisch-taktische, technische, koordinative und konditionelle Grundlage. Dabei spielen die Möglichkeiten der Videoanalyse wie moderne Messmethoden von Bewegungsver-läufen, Reaktionszeiten und Geschwindigkeiten eine bedeutende Rolle. Eine erste Dokumentation und Auswertung von 63 Gefechten des 64-er Tableaus des Hei-denheimer Weltcups 2017 bilden – neben weiteren deutschen und internationalen Quellen – die Datenbasis für die Bewertung der aktuellen Veränderungen im Fechten. Davon ausgehend wurden die Attribute grundlegendes Verhalten, Vorbe-reitung einer Aktion, strategisch-taktisches Verhalten, technische Elemente, Wahl der Trefffläche sowie Handlungsgeschwindigkeit und Korrekturmöglichkeiten in-nerhalb einer Aktion in den Mittelpunkt der Auswertung gestellt. Im Einzelnen wurden folgende Schwerpunkte für eine Qualifizierung der Nach-wuchsausbildung herausgearbeitet:1. Eine tiefe Fechtstellung ohne zu verkrampfen ist zu trainieren, in der der Fechter sich dynamisch bei stabiler Körperhaltung bewegen kann.2. Eine wirklich koordinativ-variable Ausführung von Stoßbewegungen ist zu trainieren.3. Die Beinbewegungen mit vielen Rhythmuswechseln und hoher Dynamik muss weiter frühzeitig geschult werden.4. Die Entwicklung von Mensur- und Momentgefühl ist zu qualifizieren.5. Grundkenntnisse des strategischen Kampfverhaltens beim Nachwuchs sol-len früher und stärker vermittelt sowie umgesetzt werden.6. Die Entwicklung und Erweiterung des Repertoires auf Grundlage der Schu-lung des Kampfverhaltens muss individuell und zeitiger beginnen.7. Die Erkenntnis, Akzeptanz und Nutzung der Wechselbeziehungen von ko-ordinativen, konditionellen, technischen und strategisch-taktischen Fähig-keiten der Fechter muss von Anfang an komplex, kooperativ und in Über-einstimmung mit dem Trainingsplan erfolgen.Insgesamt zeigt die Auseinandersetzung mit den aktuellen Untersuchungen und Analysen im Degenfechten, welche vielfältigen Erkenntnisse daraus bereits gezo-gen werden konnten. Eine nicht geringe Zahl davon hat Bedeutung auch für die Ausbildung des Nachwuchses und sollte Schritt für Schritt umgesetzt werden. Da-bei werden wir zwangsläufig die Erfahrung sammeln, was davon möglich ist, und was aus den verschiedensten Gründen nicht realisierbar ist oder so erscheint. Da-raus ergeben sich jedoch dann wieder neue Fragestellungen und Untersuchungs-gegenstände. Es ist davon auszugehen, dass die Auseinandersetzung mit ständig neuen, teil-weise auch widersprüchlichen Erfahrungen und Erkenntnissen über das Degen-fechten und seine Entwicklungen eine andauernde Aufgabe bleiben wird, die nur durch ein vertrauensvolles, forderndes wie förderndes Zusammenwirken von The-orie und Praxis – also von Sportwissenschaftlern im weitesten Sinnen sowie von den Sportlern, Trainern und Sportfunktionären – realisierbar ist.