Trainingsoffensive konkret diskutiert: Hypoxie
Der SPRINT Service des Instituts für angewandte Trainingswissenschaft ist inzwischen sehr verbreitet im deutschen Spitzensport. Jetzt werden in regelmässigen Abständen die so genannten SPRINT-Highlights an die Nutzer versendet. Hier nun ein Kurzbericht über die DOSB Arbeitstagung "Trainingsoffensive konkret diskutiert: Hypoxie". Als interessierter Trainer, OSP-Mitarbeiter, Wissenschaftler etc., der im deutschen FSL (Forschungs- und Serviceverbund Leistungssport) tätig ist, erhalten Sie über den Downloadbereich des IAT einen direkten Zugang zu diesem Dokument. Die dazu notwendigen Zugangsinformationen können sie über die E-Mail-Adresse sprint@iat.uni-leipzig.de anfordern. Im Rahmen der Trainingsoffensive des DOSB diskutierten am 5. Mai 2011 rund zwanzig Sportdirektoren und Bundestrainer der Spitzenverbände und acht eingeladene Experten aus der Sportmedizin und Trainingswissenschaft über eine besondere Form des Trainings – das Höhentraining. Dazu bot Privatdozentin Dr. Birgit Friedmann-Bette (Heidelberg) eingangs einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Aufenthalt im Gebirge, in Höhenhäusern und in Höhenkammern. Zum klassischen Höhentraining und zum Aufenthalt in Höhenhäusern sind Effekte auf die Blutbildung wissenschaftlich nachgewiesen. Dabei seien jedoch große individuelle Unterschiede zu beobachten. Dazu sind die Voraussetzungen eines Aufenthaltes von mindestens 12 bis 14 Stunden an 18 bis 21 aufeinanderfolgenden Tagen bei einer Höhe von 2000 - 2500m zu erfüllen, wie Dr. Torben Pottgießer (Freiburg) hervorhob. Bei einem Aufenthalt in Höhenhäusern nach dem Prinzip "Live high - train low" scheinen Leistungssteigerungen im Flachland möglich zu sein. Hingegen fehlen methodisch saubere Studien, um den Effekt einer intermittierenden Hypoxie in Hypoxiekammern abschließend bewerten zu können. Im Tagungsverlauf wurden die von den Trainern eingebrachten Fragen in fünf Themenkreisen ganz pragmatisch und sportartspezifisch erörtert. Dabei legte Professor Dr. Walter Schmidt (Bayreuth) Wert darauf, zwischen dem hämatologischen Effekt der Höhe zum einen und dem Trainingseffekt eines Trainingslagers zum anderen zu unterscheiden. Dr. Jürgen Wick (Leipzig) ergänzte, dass die Trainingsziele auch bei der Frage nach dem Zeitpunkt von Höhentrainingsmaßnahmen im langfristigen Leistungsaufbau wie im Saisonverlauf vorrangig berücksichtigt werden müssen. In der Diskussion wurde deutlich, dass es insbesondere zu Höhenketten oder Höhenkaskaden bislang mehr Erfahrungsberichte als wissenschaftlich aussagekräftige Studien gibt. Wichtiger als das kalendarische Alter von Sportler/innen wurde von den Gesprächspartnern das Trainingsalter der Aktiven angesehen, um zu entscheiden, wann diese erstmalig die Möglichkeiten des Höhentrainings zu nutzen versuchen. Grundsätzlich sah Dr. Markus de Marées (Köln) die Möglichkeit, Hypoxie sowohl für intensives Training als auch für Krafttraining zu nutzen. Bei einem Training in natürlicher Höhe sei jedoch die Berücksichtigung der Anpassung und Rückanpassung zu Beginn und Ende des Höhenaufenthaltes entscheidend. Um die Trainingsbelastung und die Leistungsentwicklung in der Hypoxie verfolgen zu können, sind leistungsdiagnostische Untersuchungen unablässig. Diagnostisch empfahl der leitende Olympiaarzt, Privatdozent Dr. Bernd Wolfarth (München/Leipzig), zum einen im Vorfeld von Höhentraining den Eisenstatus der Sportler/innen zu kontrollieren, während des Hypoxietrainings das Gewicht, die Ruheherzfrequenz, die Herzfrequenz unter Belastung, Harnstoff, die Sauerstoffsättigung und Laktat als Parameter zur Überwachung des Trainings zu verwenden. Diese könnten durch sportpsychologische Verfahren zur Befindlichkeitsmessung ergänzt werden. Die Experten waren sich einig, dass es derzeit kein diagnostisches Verfahren gibt, um die Reaktion auf ein Höhentraining im Vorfeld eines Höhentrainingslagers festzustellen. Auch kann die Tauglichkeit für Höhentraining nicht an einem Anstieg des Gesamthämoglobins allein festgemacht werden. „Sie würden Sportler/innen ausschließen, die evtl. doch von einem Höhentraining profitieren könnten“, so der Höhenphysiologe Schmidt. Friedmann-Bette stellte heraus, dass Trainer für das Höhentraining keine Handlungsanweisungen verlangen dürfen, die es bereits für das Training im Flachland nicht gibt. Die Wirkung eines Trainingsreizes und die Anpassung an den Höhenreiz seien sehr komplexe Vorgänge. „Und - “, so die Sportmedizinerin, „es ist alles inter-individuell sehr unterschiedlich.“ „Wissenschaftlich“, so Bernd Wolfarth, „ergeben sich viele offene Fragestellungen. Und gerade deshalb ist es erforderlich, dass Trainer – wissenschaftlich gut begleitet - mit Höhentraining experimentieren.“ Torben Pottgießer ergänzte: „Ich wünsche mir, dass wir offen gegenüber neuen Konzepten bleiben und versuchen diese mit den Erfahrungen zu verknüpfen.“ De Marées, M., Friedman-Bette, B., Wick, J., Schmidt, W., Pottgießer, T. & Wolfarth, B.(22.08.2011). DOSB Arbeitstagung: Trainingsoffensive konkret diskutiert - Frankfurt am Main, 5. Mai 2011. Zugriff am 23.08.2011 unter http://www.iat.uni-leipzig.de/service/downloads/strategische-papiere-des-iat. Mehr Informationen zu SPRINT ...