Entwicklung von langen Aufschlägen im Herrentischtennis unter Berücksichtigung der Einführung des Plastikballs seit 2013
Im Jahre 2014 hat der Tischtennis Weltverband (ITTF) die ersten Plastikbälle für den Spielbetrieb zugelassen, welche seitdem ständig weiterentwickelt werden. Durch die Veränderung des Materials von Zelluloid zu Plastik und die Veränderung der Größe (Toleranzanpassung) ergeben sich Unterschiede in den Spieleigenschaf-ten. Folglich ist eine Anpassung der Athleten hinsichtlich der Auswahl taktischer Mittel zu erwarten. Diese Studie konzentriert sich dabei auf das taktische Mittel des langen Aufschlags. Untersucht wird, ob das taktische Mittel des langen Aufschlags vermehrt eingesetzt wird und wie sich die Erfolgserwartung entwickelt. Konkret wer-den Hypothesen aufgestellt, die zeigen sollen, dass die Anzahl der langen Auf-schläge zunimmt, die Erfolgserwartung dabei allerdings nicht sinkt. Zusätzlich wer-den die Erfolgserwartungen von langen und nicht langen Aufschlägen verglichen.
Um die Entwicklung seit Einführung der Plastikbälle zu untersuchen, wird der Zeit-raum von 2013 bis 2019 beobachtet. Dabei werden jeweils ausgewählte Viertelfi-nale, die Halbfinale, und das Finale der Einzelweltmeisterschaften in diesem Zeit-raum betrachtet. In dem Beobachtungszeitraum haben vier Einzelweltmeisterschaf-ten stattgefunden. Zusätzlich werden Spiele von den besten internationalen Nach-wuchsathleten untersucht, um einen möglichen Trend besser zu erkennen. Folglich ergeben sich fünf Beobachtungskategorien.
Für alle ausgewählten Spiele wird eine Videoanalyse durchgeführt, sodass alle re-levanten Daten in einer Exceltabelle erfasst werden können. Dabei wirde für jedes Spiel und jeden Athleten folgendes notiert:
• Anzahl kurzer und halblanger Aufschläge
• Erfolgserwartung kurzer und halblanger Aufschläge
• Anzahl langer Aufschläge
• Erfolgserwartung langer Aufschläge
• Platzierung aller langen Aufschläge
• Zeitpunkt des Punktgewinns bei langen Aufschlägen.
Die Daten werden in Excel so aufbereitet, dass die Daten für jede der fünf Katego-rien zusammengefasst werden und verglichen werden können.
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Anzahl der langen Aufschläge über den Beobachtungszeitraum stetig steigt (2013: 7,39%, 2015: 7,63%, 2017: 9,38% 2019: 14,91%, Next Gen.: 19,22%). Die Erfolgserwartung verändert sich über die Jahre nicht konstant (2013: 56,79%, 2015: 58,02%, 2017: 60,78% 2019: 56,46%, Next Gen.: 64,04%). Die Hypothese, dass die Anzahl langer Aufschläge zunimmt, ohne dass die Erfolgserwartung sinkt muss für den Vergleich von 2013 mit 2015 und 2015 mit 2017 abgelehnt werden, da Anzahl der langen Aufschläge nicht signifikant zu-nimmt. Für den Vergleich von 2017 mit 2019 und 2019 mit den Jugendlichen wird die Hypothese allerdings akzeptiert.
Die größte Erkenntnis entsteht aus dem Vergleich der Erfolgserwartungen von lan-gen mit nicht langen Aufschlägen. Für 2013 liegt die Erfolgserwartung langer Auf-schläge um 1,91% höher als die Erfolgserwartung nicht langer Aufschläge. Der Un-terschied beträgt 2015 bereits 4,1% und steigt für die Jahre 2017 auf 7,13% und 2019 auf 7,12% an. Bei der Gruppe der Jugendlichen ist der Unterschied 14,31% nochmals deutlich größer. Erklären lässt sich dies dadurch, dass die Jugendlichen deutlich mehr in der Platzierung der langen Aufschläge variieren und nicht so viel in den Rückhandbereich aufschlagen. Des Weiteren ist auffällig, dass der Aufschläger nach den ersten beiden Ballkontakten (Aufschlag und Rückschlag) eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit hat, den Ballwechsel zu gewinnen.
Schlussendlich ist zu sagen, dass es nach aktuellem Stand empfehlenswert ist, das taktische Mittel des langen Aufschlags vermehrt im Wettkampf einzusetzen.