Lebensführung Teil 3

Profile picture for user Thorsten Ribbecke
12.05.2014 | 11:51 Uhr

Nachdem ich in diesem Beitrag schon einmal kurz auf das Thema Schlaf eingegangen bin, werde ich heute nocheinmal ausführlicher darauf eingehen. Viel Spass beim Lesen!

Es gilt als gesichert, dass ein guter sicherer und ausreichender Nachtschlaf für die Wiederherstellung der physischen, psychomotorischen und mentalen Leistungsfähigkeit eine besondere Bedeutung hat (Schnabel, Harre, Krug, 2008, S. 230, Schneider, 2013). Der Hippocampus, als zentrale neuronale Struktur für kognitives und motorisches Lernen wird durch einen gesunden Schlaf positiv beeinflusst (Schneider, 2013).

Einflussfaktoren Die Menschen haben, wie alle Lebewesen auf unserer Erde sich über Jahrtausende dem Kreislauf von Tag und Nacht angepasst. Diesen Kreislauf durchbrach der Mensch mit der Entdeckung des Feuers und erst recht mit der Erfindung der Glühbirne. So ist er das einzige Lebewesen welches sich den Tag künstlich durch Lichtquellen verlängert. Unter Einfluss von Licht produziert unser hormonelles System das aktivierende Stresshormon Cortisol. Der Hypotalamus wird ebenfalls aktiviert. Er ist unter anderem für die Körpertemperatur, Blutdruck und, neben der Hormonproduktion, auch für das vegetative Nervensystem wichtig. So zeigten Untersuchungen ein Maximum der Leistungsbereitschaft gegen 10.00 Uhr vormittags. (Lippert, 1995, Mercola, 2014, Check, 2013, Hollmann & Strüder 2009) Unser Körper funktioniert nach dem einfachen Prinzip:   Licht = Sonnenschein = Tag = Cortisolproduktion / Hypotalamusaktivierung = Aktivität  Zwischen 6.00 und 9.00 Uhr morgens erreicht unser Körper den höchsten Cortisolspiegel. Über den Tag versucht dieses Hormon den Körper während den täglichen Aktivitäten zu unterstützen. Zum Nachmittag und besonders zum Sonnenuntergang sinkt der Cortisolspiegel. Folgen wir diesem natürlichen Rhythmus so sollten wir versuchen bei Sonnenuntergang unsere Aktivitäten zu reduzieren und uns gegen 22.00 Uhr ins Bett zu legen. Die ersten Phasen des Schlafes, zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr, dienen vorrangig der physischen Erholung. Neben einer langsameren Atmung reduzieren sich auch der Blutdruck sowie die Herzfrequenz. (Lee-Chiong, 2006) Im Kontrast zum cardiovaskulären System steigt die Aktivität des hormonellen Systems und schüttet das Wachstumshormon (STH bzw. HGH) aus welches die Regeneration unterstützt. (Schneider, 1995, Weineck, 2004, Van Helder, Radomski, 1989) In der zweiten Schlaf - Phase ab ca. 2.00 Uhr wird durch eine verstärkte Hirnaktivität eher die Immunabwehr und die Psyche regeneriert. (siehe Schlafgrafik 1, Check, 2013, Lee-Chiong, 2006, Hollmann & Strüder 2009)   Guter Schlaf ist somit die Voraussetzung für optimale Leistungsfähigkeit im Sport. Zu wenig oder schlechter Schlaf kann gereizt, unkonzentriert und sogar krank machen. Diesem kommt bei Erwachsenen eine große Bedeutung für die Regeneration und das Zellwachstum zu. Zudem werden die Energiespeicher wiederhergestellt und das Immunsystem stabilisiert. Als ideale Schlafdauer für die Mehrheit der Erwachsenen gelten sechs bis zehn Stunden. Der Durchschnitt liegt bei 7,5 Stunden und hängt stark vom Alter ab. In der Praxis raten Trainern ihren Athleten mindestens acht Stunden die Nacht zu Schlafen. Top Athleten wie Roger Federer oder Le Brown James versuchen sogar mindestens 12 Stunden Schlaf am Tag zu bekommen. Der Erholungswert des Schlafes kann über die Schlafdauer, aber noch deutlicher, über die Qualität des Schlafes definiert werden. Ein gesunder Schlaf ist durch die entsprechende Tiefschlafphase und ein schnelles Einschlafen definiert (Zulley, 2008, Schneider, 2013, Weineck, 2004).  Qualität des Schlafes ist abhängig von:
  • Schlafdauer
  • Zeit des zu Bett gehens
  • Tiefe des Schlafes (Zulley, 2008, Schneider, 2013, Mercola, 2014).
Funktion des Schlafes:
  •  Aufladung der Energiespeicher
  • Konservierung metabolischer Energie
  • Erholung des Immunsystems
  • Energieeinsparung durch zeitliche Steuerung der Thermoregulation
  • Gedächtnisbildung und – konsolidierung
  • Wiederauffüllung von intraneuronalen Glykogendepots
  • Kortisol- und Wachstumshormonspiegel erreichen Höchstwerte 

Der moderne Tag – Nacht – Rhythmus entspricht somit nicht mehr dem natürlichen Rhythmus. Helles Licht im Haus, Fernseher oder Computer bedeuten Stress. Das Licht eines Bildschirmes ist gleichzusetzen mit dem morgendlichen Sonnenlicht. Somit sinkt der Cortisolspiegel erst spät ab und verzögert die Freisetzung von Melatonin, Wachstumhormonen sowie den Aufbau der Immunabwehr. Ein Verzicht auf Fernseher oder Computer mindestens eine Stunde vor dem zu Bett gehen ist anzuraten. Geräusche die lauter als 70 dB (Geräusche einer mäßig befahrenden Straße) aktivieren ebenfalls das Nervensystem. Zu laute Geräusche in der Nacht beeinflussen die Schlaftiefe negativ und provozieren ein häufigeres Aufwachen. (siehe Schlafgrafik 2, Schreiner, 1995, Chek, 2013)

So sehr der Mensch das Sonnenlicht zur Aktivierung benötigt, so sehr ist er auch auf die Nacht angewiesen. Daher sollte das Schlafzimmer vollständig abgedunkelt werden. (Zulley, 2008, Mercola, 2014)

Einen weiteren großen Einfluss auf die Schlafqualität stellt die Ernährung dar. So sollte mindestens vier Stunden vor dem zu Bettgehen die letzte große Mahlzeit stattgefunden haben. Essen mit hohem glykämischen Index erhöhen durch einen Tryptophananstieg den Insulinspiegel und reduzieren damit die freien Fettsäuren welche für die Senkung von Entzündungen und Beschleunigung der Regeneration wichtig sind. Dadurch wird die Qualität des Schlafes nachweislich beeinträchtigt (Schrey, Feil, 2012, Afaghi et al. 2007, Roky et al. 2001, Wurtmann et al. 2003). Vor Alkohol sowie Koffein ist vor dem zu Bett gehen ebenfalls abzuraten. (Le Meur, Duffield, Skein, 2013)  Stark belastende Trainingseinheiten können zudem die Schlafqualität negativ beenflussen. So sind Schlafstörungen oft ein Hinweis auf ein Übertraining. (Halson et al. 2006, Jurimae et al. 2004, Taylor, Rogers and Driver, 1997, Weineck, 2007) In dieser negativen Spirale verschlechtern sich durch die gestörten Schlafmuster der psychologische Status und damit auch der Effekt des Trainings und dessen Adaption. (Halson, 2008)   Tipps für einen gesunden Schlaf:
  • Feste Zeiten des Einschlafens (am bestem gegen 22.30 Uhr)
  • Acht Stunden Schlaf
  • Abgedunkeltes, kühles Schlafzimmer
  • Eine Stunde vor dem Einschlafen kein Fernsehen, Computer, Handy,…
  • Keine elektronischen Geräte im Schlafzimmer
  • Schütz vor Lärm während des Schlafes
  • Vier Stunden vor dem Einschlafen das letzte große Essen
  • Kein Alkohol / Koffein vor dem Einschlafen
  • Komfortables angepasstes Bett
Auswirkung von Schlafmangel Es verwundert kaum, dass Schlafentzung einen negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat. Eine Studie von Skein (2011) hat nachgewiesen, dass Schlafmangel die Glykogenkonzentrationen im Muskel negativ beeinflusst. Eine weitere Studie zeigte Leistungsminderungen bei Jugendlichen nach Schlafentzug. Diese betrafen in erster Linie fast alle motorischen Hauptbeanspruchungsformen, insbesondere jedoch das Zentralnervensystem und die Koordination (Hollmann & Strüder 2009). Tipps für das Trainingslager Zitat eines ehemaligen Weltklasseathleten: „Das wichtigste an meinem Training ist der Mittagsschlaf.“ Wenn es der Tagesablauf zulässt oder in Trainingslagern sollte der Mittagsschlaf nicht fehlen. Ein sogenannter Nap um die Mittagszeit hat einen positiven Einfluss auf kognitive Eugenschaften und hilft bei Erlernen von Fähigkeiten, Strategien oder Taktiken (Postolache, Oren 2005, Schneider, 2013). Dieser sollte jedoch 45 Minuten überdauern. Werden zwei Trainingseinheiten am Tag absolviert, wäre es von Vorteil wenn zwischen den Trainingseinheiten mindestens fünf Stunden Regenerationszeit liegen. Zudem sollte die letzte hoch intensive Trainingseinheit vor 18.00 Uhr stattfinden. (Le Meur, Duffield, Skein, 2013)   Literatur: Afaghi, O´Connor, et al. (2007). High-glycemic-index carbohydrate meals shorten sleep onset. Am J Clin Nutr, 85 (2) 426 - 430 Chek, P. (2013). How to Eat, Move an Be Healthy! Your personalized 4-step guide to looking and feeling great from inside out. A C.H.E.K. Institute Publication San Diego, CA Lee Chiong, T. (2006). Sleep: A comprehensive handbook. Hoboken. NJ: John Wiley & Sons Le Meur, Y, Duffield, R, Skein, M. (2013). Sleep in Hauswirth, C., Mujika, I. (2013) Recovery for performance in sport. Institut National du Sport, de l´Expertise et de la Performance (INSEP). Human Kinetics Halson, S., Martin, D.T., Gardner, A.S., Fallon, K., Gulbin, J. (2006). Persistent fatigue in a female sprint cyclist after a talent-transfer initiative. Int J Sports Physiol Perform 1:65-69 Haslon, S. (2008). Nutrition, sleep and recovery. EU J Sport Sci 8:199-126 Hollmann, W., Strüder, H.K., (2009). Sportmedizin. Grundlagen für körperlicher Aktivität, Training und Präventivmedizin. 5. Auflage. Stuttgart: Schattauer Jurimae, J., Maestu, J. Purge, P., Jurimae, T. (2004). Changes in stress and recovery after heavy training in rowers. J Sci Med Sport 7:335-339 Lippert, H. (1995). Anatomie. Text und Atlas. 6. Auflage. München: Urban & Schwarzenberg Mercola, Dr. (2014) Do You Suffer Widespread Pain? It May Be Time to Address Your Sleep http://articles.mercola.com/sites/articles/archive/2014/03/06/poor-sleep-pain.aspx?e_cid=20140306Z1_US-CA_PRNL_art_1&utm_source=prmrnl&utm_medium=email&utm_content=art1&utm_campaign=20140306Z1_US-CA&et_cid=DM40425&et_rid=447423164. Zugriff am 12.03.2014 Postolache & Oren (2005). Cirdian phase shifting, alerting, and antidrepressant effects of bright light treatment. Clin Sports Med, 24 (2), 381 – 413, xii. Roky, C. et al (2001). Sleep during Ramadan intermittent fasting. J Sleep Res, 10 (4), 319 – 327 Skein, M., Duffield, R. Edge, J., Short, M.J., Mundel, T. (2011). Intermitted-sprint performance and muscle glycogen following 30 h sleep deprivation. Med Sci Sport Exerc 43(7): 1301-1311 Smolensky, M., Lamberg, L. (2000). The Body Clock Guide to Better Health. New York: Henry Holt and Company, LLC SCHNABEL, GÜNTER, HARRE, HANS -DIETRICH, KRUG, JÜRGEN (Hrsg.). (2008). Trainingslehre – Trainingswissenschaft. Leistung, Training, Wettkampf. Aachen: Meyer & Meyer Verlag Schneider, F.J. (2013). Schlaf – der ruhige Weg zum sportlichen Erfolg. Zeitschrift Leistungssport 3/2013, 36 – 42 Schneider, F.J. (1995). Zur Bedeutung des Schlafes für die Regeneration und Adaptation des Sportlers. Zeitschrift Leistungssport 2/1995, 17 – 21 Taylor, S.R., Rogers, G.G., Driver, H.S. (1997). Effects on training volume on sleep, psychological, and selected physiological profiles of elite female swimmers. Med Sci Sports Exerc 29:688-693 Zulley, Prof. Dr. J. (2008). Der Schlaf des Sportlers. Medica Sports Network 5/08, 26 – 27 VanHelder, T. Radomski, M.W. (1989). Sleep deprivation and the effect on exercise performance. Sports Med 7: 235-247 Weineck, J. (2004). Sportbiologie. 9. Auflage. Balingen: Spitta Verlag Weineck, J. (2007). Optimales Training. 15. Auflage. Balingen: Spitta Verlag Wurtmann, R.J., Wurtmann, J.J., Regan, M.M., McDermott, J.M., Tsay, R.H., Breu, J.J. (2003) Effects of normal meals rich in carbohydrates or proteins on plasma tryptophan and tyrosine ratios. Am J Clin Nutr 77:128-132
Schlagworte