ICCE Research Fair Conference 2015
Im Vorfeld der diesjährigen Global Coach Conference (wir berichteten bereits) fand wie gewohnt auch eine Vorab-Konferenz mit Forschungsschwerpunkt statt (Research Fair). Am ersten Tag wurden fünf Themen in zwei mal zwei Durchgängen vorgestellt und intensiv diskutiert, am zweiten Tag ging es vor allem darum, wie sich künftig das ICCE Research Committee und seine Mitstreiter weiterentwickeln und aufstellen werden. Gut 60 Teilnehmer, darunter viele der weltweit führenden Forscher zum Trainer-Thema waren dabei
Die fünf inhaltlichen Themenblöcke waren:
- Sergio Lara-Bercial und Julian North: Good practice in talent development in elite sport
- Cliff Mallett: Why coaches coach the way they do within Self-Determination Theory
- Jean Coté: Transformational leadership and coaching
- Pierre Trudel: The use of concept maps in the development of high-performance coaches
- John Alder, Kristen Dieffenbach, Masamitsu Ito und Jun Sekiguchi: Coach developers: Where are we now? So what? What now?
Hier einige zentrale Aussagen aus ausgewählten Workshops:
Sergio Lara-Bercial und Julian North stellten ein umfassendes System von Talententwicklungsstrukturen vor, das sie vor allem aus der Beobachtung und Auswertung von Fördersystem im Fußball mehrerer Nationen gewannen. Im Detail fanden sich viele bekannte, wenn auch unterschiedliche Strukturen. Dies zu wissen, reicht allein nicht für den Erfolg aus, die Referenten formulierten dies als „we know it, but we don’t do it“. Als unverzichtbare Leitplanken für ein Talententwicklungssystem bezeichneten sie die Vision, die Kultur, einen Plan und Prioritäten. Das Entwicklungssystem müsse langfristig orientiert, klar dargeboten und ganzheitlich sein, Selektionsmaßnahmen müssen besonders sorgfältig und verantwortungsvoll angewendet werden.
Cliff Mallett lieferte eine fundierte Wissensübersicht über die Rolle von Motivation und Führung. Er bezog sich dabei u.a. auf die Self Determination Theory sowie die Basic Needs Theory und leitete daraus einige Aussagen zu typischen Problemfeldern des Athleten- bzw. Trainerverhaltens ab. Die Bedeutung der Motivation für das Trainerhandeln fasste Mallett in der Formulierung „Motivation mobilisiert das Handeln des Gegenüber“. Welche Rolle spielt das Verhältnis zwischen extrinsischer und der typischerweise als wirkungsvoller angesehenen intrinsischen Motivation? „Belohnungen für die Ausführung intrinsisch interessanter Handlungen können die intrinsische Motivation der Person für diese Handlung senken“, führte Mallett aus. Und wie kann der Trainer seine Sportler unterstützen, Dinge zu tun, die sie nicht so mögen? Ein wichtiger Aspekt dafür ist es, das Autonomie-und Selbstkontroll-Motiv der Sportler nicht zu verletzen: sinnvoll ist eine Ausgewogenheit zwischen klaren Strukturen und angemessenen Wahlmöglichkeiten. Vorzugsweise erhält die Anstrengung des Sportlers die Anerkennung des Trainers, weniger das Ergebnis. Der Trainerstil entspricht so weniger einem kontrollierenden als eher einem unterstützenden Stil.
Pierre Trudel befasste sich in seinem Workshop mit der Begleitung und Steuerung des individuellen Lernprozesses von Trainern. Lernjournale, Berichte etc. sind unterstützende Werkzeuge, müssen aber qualitativ unbedingt noch verbessert werden. Trudel befasste sich insbesondere mit der trainerseitigen Erstellung von Concept Maps als Bewusstmachung, Strukturierung und Visualisierung der eigenen „mentalen Landkarte“ der Erfahrungen, des Wissens usw. Trudel stellte dieses Werkzeug als solches vor und führte dazu praktische Beispiele und Erfahrungen aus der Trainerentwicklung an. Concept Mapping erwies sich in diesem Anwendungsfeld als durchaus hilfreich. Es zeigte sich aber auch, dass die Trainer gut begleitet und unterstützt werden mussten, um „ihre“ Concept Map zu erarbeiten. (Selbst-)Reflektion als wichtiges Vorgehen in der individuellen Weiterentwicklung ist ja durchaus anerkannt, will und muss aber auch sorgfältig erlernt sein, bis es seine Wirkung entfalten kann!