Karateka Imola Szebényi über die Ausbildung zur Diplom-Trainerin
Mehr als Diplom-Trainer geht im deutschen Sport nicht. Und Imola Szebényi hat es geschafft. Nach drei Jahren Ausbildung in Köln hat die 32-Jährige vom Frankenthaler Landesleistungszentrum Karate die Ausbildung gemeistert. Im Interview erzählt sie, über welchen Tellerrand sie gerne rausgeblickt hat, was sie bei der Ausbildung überrascht
hat und warum sie neidisch auf andere Sportarten schaut.
Frau Szebényi, herzlichen Glückwunsch zum Diplom-Trainer. Wie fühlt es sich an?
Danke. Megagut. Drei Jahre voller Schweiß, Leidenschaft und Tränen sind um. (lacht) Es ist ein schönes Gefühl, aber irgendwie bin ich auch traurig, weil ich weiß, dass ich die anderen aus dem Kurs nicht mehr so oft sehen werde. Vielleicht schaffen wir es, uns einmal im Jahr zu treffen; das kommt aber dann bei jedem auf den Wettkampfkalender an.
Es war demnach eine tolle Gruppe?
Ja. Wir waren 30 Teilnehmer aus 21 Sportarten. Es war atemberaubend, über all diese Tellerränder schauen zu können. Skeleton, Tischtennis ... Da hat man immer einen anderen Eindruck bekommen.
Was machen die anders? Vielleicht besser? Kann man was adaptieren? Was haben Sie denn von anderen Sportarten gelernt?
Ich habe in vielen Bereichen etwas gelernt. Alleine schon die Organisation bei den anderen Verbänden. Jeder war irgendwo angestellt, entweder auf Landes- oder Bundesebene. Die verdienen ihr Geld mit dem Sport, den sie lieben. Das ist bei uns im Karate nicht so. Wir haben alle noch einen Beruf, machen dann am Abend vieles ehrenamtlich oder auf Honorarbasis.
Sind Sie da ein bisschen neidisch?
Sehr sogar. Um ganz kritisch zu sein: Wir machen im Karate nicht wirklich Leistungssport auf dem Niveau, wie man das eigentlich dexnieren würde. Leistungssport beginnt bei 21 Stunden pro Woche – mindestens. Die Turner trainieren 30 Stunden pro Woche. Wir kommen dreimal-, vielleicht fünfmal die Woche für jeweils zwei, drei Stunden zusammen. Das hat nichts mit Leistungsniveau zu tun. Da wir auch nur aktuell einmalig olympisch sind, ist es schwierig, eine Struktur zu etablieren. Die Zusammenarbeit mit Schulen wäre äußerst wünschenswert.
Sie sind schon Landestrainerin für Kata und Leiterin des Landesleistungszentrums in Frankenthal. Was konnte man Ihnen in Köln noch beibringen?
Ich habe viel über Trainingsverhalten gelernt, vor allem im interdisziplinären Bereich. Zum Beispiel: Wie macht man Krafttraining mit Kleinkindern? Wir haben im Verein Athleten von sechs, sieben Jahren bis hin zum olympischen Bereich und noch darüber hinaus, was das Alter angeht. Es ist ein riesen Spektrum, das ich abdecken muss.
Die Ausbildung hat drei Jahre gedauert. Was hat Sie am meisten überrascht?
Ich glaube, das Pädagogisch-psychologische. Wir setzen uns natürlich mit Kraft auseinander, Schnelligkeit, Koordination und Ernährung. Aber wir gehen nicht tief in die Psychologie. Obwohl es ein wichtiger Punkt ist. Man muss für die verschiedenen Gewichtsklassen ja auch entsprechend ab- und zunehmen können. Es ist auch ein Unterschied, ob ein achtjähriges Kind mit wenig Wettkampferfahrung oder eine erwachsene Person mit 20 Jahren an einem Turnier teilnimmt. Die Psyche spielt eine erhebliche Rolle. Die Sportpädagogik muss damit Hand in Hand gehen. Das alles kann schon sehr belastend sein.
Haben Sie schon etwas, das Sie in Köln gelernt haben, konkret im Verein umgesetzt?
Ja. Im Bereich trainingsdidaktische Inhalte. Wie gehe ich mit Kindern um? Neue Anreize schaffen. Neue Verwendung von Quälutensilien. (lacht) Von der Rhythmischen Sportgymnastik habe ich viel im Bereich Synchronität gelernt.
Müssen Sie jetzt noch Fortbildungen machen, um auch weiter Diplom-Trainer zu bleiben?
Nein, Diplom-Trainer bleibt man für immer. Die anderen Lizenzstufen unten drunter haben immer eine gewisse Laufzeit. Aber wir haben das Angebot von der Akademie, dass wir auch weiterhin auf Fortbildungen gehen können.
Gab es eine Sportart, die nicht vertreten war, die Sie aber gerne dabei gehabt hätten?
Ballett.
Das ist streng genommen kein Sport.
Doch. Ist sogar echt anstrengend. Ich hab’ das selbst zwei Wochen lang gemacht. Im zarten Alter von fünf Jahren – durfte aber dann nach langem Geheule bei Mutti zum Karate wechseln. (lacht)
Gab’s mal einen Punkt, an dem Sie gedacht haben: Jetzt hab’ ich keine Lust mehr?
Nur vor den Klausuren. (lacht) Da war immer so viel zu lernen. Aber da habe ich tapfer in den sauren Apfel gebissen.
Was haben Sie persönlich von der Ausbildung? Außer einer schönen Urkunde ...
Ich bin sehr stolz und dankbar für Peter Rau – meinen verstorbenen Mentor und Wegweiser, der mir das Studium ans Herz gelegt hat. In der Trainerwelt ist es die höchste Lizenzstufe, die man erreichen kann. Die bekommt man ja auch nicht einfach so. Man braucht Befürworter beim Landesverband und beim Dachverband. Man muss mindestens
Landestrainerniveau haben. Es ist eine Bereicherung. Stillstand ist wie rosten. Man muss auch mit der Zeit gehen.
Und was hat der Verein davon, dass er mit Ihnen eine Diplom-Trainerin in den Reihen hat?
Es macht das Ganze renommierter, wenn ein Diplom-Trainer die Trainingspläne oder Ernährungspläne schreiben kann, der sich mit Anatomie auskennt. Es gibt auch ein entsprechendes Flair. Es hilft auch für die Zukunft, gerade, weil wir der größte Karateverein in Rheinland-Pfalz sind.
Sie sind mit der Ausbildung mitten in der Corona-Zeit fertig geworden. Auf was trainieren Sie mit ihren Gruppen hin?
Wir trainieren mit Blick in die Zukunft. Ich habe viele Kinder so ab fünf Jahren bis 15. Die werden nicht über Nacht deutsche Meister. Aber das wussten sie alle. Wir versuchen, das Level zu halten und natürlich zu verbessern. Wenn es nächstes Jahr Meisterschaften geben sollte, wollen wir dort Medaillen holen. Wir haben viel Online-Training gemacht, waren Outdoor unterwegs, haben viel telefoniert.
Wenn Diplom-Trainer das höchste ist, was man erreichen kann, was haben Sie persönlich noch für Ziele?
Wir hatten nebenher noch die Möglichkeit, den Bachelor of Arts (B.A.) Sportwissenschaft an der Deutschen Berufsakademie Sport und Gesundheit zu machen. Das haben einige von unserem Jahrgang noch zusätzlich zum Prüfungsstress wahrgenommen. Das lässt einem viele Möglichkeiten für die Zukunft offen, sowohl privat als auch für den Verein. Da muss ich noch die Bachelor-Arbeit schreiben und einreichen. Ich kann mir vorstellen, irgendwann mal im Nachwuchsbereich auf Bundesebene tätig zu sein. Mal sehen, ob das klappt.
Zur Person
Imola Szebényi
Seit 1977 gab es im Bereich Karate 19 Diplom-Trainer, vier davon aus Rheinland-Pfalz. Imola Szebényi war von diesen 19
Trainern erst die dritte Frau, die den Lehrgang absolviert hat. Die 32-Jährige ist Vorsitzende des 1. Shotokan-Karateclubs
Frankenthal und dort auch als Trainerin verschiedener Kinder- und Fördergruppen engagiert. Nach dem Tod ihres Mentors
Peter Rau hat sie die Leitung des Dojos übernommen. Der Verein hat über 260 Mitglieder und ist damit laut Szebényi der
größte Karate-Verein in Rheinland-Pfalz. In der Mörscher Straße 133 ist auch das Landesleistungszentrum Karate
untergebracht. Imola Szebényi ist Landestrainerin für Kata im Schülerbereich.
Quelle: Die Rheinpfalz