Trainertagung 2013 "Winning Mindset" BASPO Trainerbildung

20.11.2013 | 10:13 Uhr

Für den 6. und 7. November 2013 hatte BASPO Trainerbildung die Toptrainer der Schweiz zur jährlichen Trainertagung nach Magglingen eingeladen, dazu kamen einige auswärtige Gäste sowie Referenten. In diesem Jahr stand die Tagung unter dem Titel „Winning Mindset“. Die Tagung setzte sich aus Inputs durch Referenten, einer Diskussionsrunde mit (ehemaligen) Top-Athleten sowie mehreren Arbeitsphasen in Sportartengruppen sowie ergänzenden Posterpräsentationen zusammen.

Sergio Lara-Bercial (Leeds Metropolitan University/ICCE) stellte in seinem Hauptvortrag den Mindset-Ansatz sowie Ergebnisse aus der Serial-Winner-Coach-Studie vor. Mindset meint ein individuelles System von Werten, Annahmen, Gelerntem oder „Angeborenem“, das als subjektives Modell von Wirklichkeit handlungsleitend wirkt. Basierend auf den langjährigen Arbeiten der Psychologin Carol Dweck werden zwei Grundrichtungen unterschieden: ein „fixed mindset“ und ein „growth mindset“. Typische Merkmale dieser Grundmuster sind nach Carol Dweck:

  fixed mindset growth mindset Grundausrichtung Intelligenz etc. sind festgelegt … können entwickelt werden Ziele „looking smart“ Lernen ist das Ziel Aufwand treiben/Mühe negativ besetzt positiv besetzt Verhalten nach Fehlern eher hilflos, ausgeliefert resilient, Chance zu lernen Der Referent nannte auch mehrfach das Wortpaar „Mastery vs. Performance“ als Merkmal. Es scheint gewisse Tendenzen zu geben, dass ein „growth mindset“ erfolgversprechender für Top-Sportler ist, sowohl für die Entwicklung von Talenten wie auch für den Erfolg beim Top-Ereignis, also durchaus im Sinne von „winning mindset“. Verbunden damit ist die Frage, wie weit ein solches Mindset „vorhanden“, also angeboren sein muss oder aber entwickelt werden kann (und wenn ja, wie). Es gibt einige Hinweise darauf, dass letzteres möglich ist. – Die Frage des Mindset betrifft im Übrigen nicht nur den Sportler, sondern genau so auch den Trainer: welches Mindset benötigt denn er? Lara-Bercial konnte mit seinem zweiten Themenschwerpunkt, ersten Ergebnissen aus der ICCE-Serial-Winner-Coach-Studie, Tendenzen zu Merkmalen von systematisch erfolgreichen Trainern vorstellen. An der Trainerakademie hatte erst kürzlich Cliff Mallett schon erste Ergebnisse daraus vorgestellt (mehr hier).  Ein weiterer Hauptreferent, Stephan Widmer, bezog sich in seinem Vortrag vor allem auf das, was Trainer tun können und wie sie mit Athleten umgehen, um ein Winning Mindset mit den Athleten zu entwickeln. Der gebürtige Schweizer kann auf zahlreiche äußerst erfolgreiche Jahre als Cheftrainer der australischen Schwimmer verweisen. Er stellt die Bedeutung und Gestaltung der mentalen und Beziehungsarbeit mit den Athleten dar und gibt dafür zahlreiche Beispiele aus seinem Erfahrungsschatz. Er betont u.a. die Bedeutung der Kommunikation (kann nur gut funktionieren zwischen Personen mit gleichem Erfahrungsstand), der mentalen Fokussierung („micro management of the human mind“), der individuellen Ausrichtung an den Bedürfnissen jeden Sportlers unter Beibehalten der Zielorientierung, von Commitment, Glaubens- und Wertesystem und Vertrauen (auch auf Trainerseite!). Er verweist aber auch deutlich darauf, dass die Basis für mentale Stärke und deren Entwicklung auch ein exzellentes physisches Niveau ist. Sowohl auf Trainer- wie auf Athletenseite ist das jeweils eigene Lernen zentral („deep learning“).  Arjen Boonstoppel (Niederlande, NOC/NSF) als dritter Hauptredner geht auf einen weiteren Blickwinkel bzgl. Mindset ein: nicht nur für Trainer und Athlet, sondern auch für das System und die Organisation bzw. das Umfeld. Dazu gibt er verschiedene Beispiele und Ausrichtungen aus den Niederlanden. So wurde die Spitzensportforderung auf ausschließliche Projektförderung mit klaren Verantwortungen und Entscheidungsmechanismen umgestellt (keine Verbandsförderung mehr). Für die Toptrainer in der Förderung wurde ein „Master-Coach-Programm“ aufgelegt, das thematisch über rein sportliche Inhalte hinausgeht, auf einem Assessment-Verfahren aufsetzend individuell ausgeprägt wird und der persönlichen Weiterbildung (ohne weitere formale Lizenzierung) dient. Außerdem wird versucht, die Erfahrungen und das Wissen der Trainer zu sichern und im System zu belassen. Bedeutsam ist die Grundannahme, dass das „Mindset“ nicht einfach da ist, sondern sich sowohl beim Trainer als auch beim Athleten (auch im und durch das System) (weiter-)entwickelt. Die Entwicklung von Mindsets und Talenten beschreibt Boonstoppel mit Grundausrichtungen in drei idealtypischen Phasen:
  1. Freude und Motivation, zunehmende Fokussierung
  2. Emotionale Kontrolle, Positives Denken
  3. Selbstvertrauen, klare Zielorientierung
Die einzelnen Aspekte sind nicht so zu verstehen, dass sie „erst“ in diesen Phasen wichtig sind oder sich entwickeln, sondern dort im Mittelpunkt stehen und eine dann hohe Ausprägung bekommen. Das Entwickeln des „growth mindset“ ist das Ziel. Feedback ist dafür ein wichtiger Aspekt. Dies sollte aber nicht als „Feststellung“ oder „Beurteilung“ (durch den Trainer) erfolgen, sondern eher durch Fragen an und Gespräch/Kommunikation mit dem Athleten.