Die Polyvagaltheorie im Sport
Die Polvagaltheorie (PVT) erklärt menschliches Verhalten aus einer evolutionären Perspektive und postuliert, dass für bestimmte Verhaltensweisen eine bestimmte neuronale Basisfunktion vorhanden sein muss, die durch den Prozess der sogenanten Neurozeption (NZ) getriggert wird. Innere, psychologische sowie biologische Wirkfaktoren und äußere, die Umwelt betreffende Signale beeinflussen den Vorgang der NZ und determinieren somit menschliches – auch sportliches - Verhalten.
Die PVT führt ein erweitertes Verständnis des Autonomen Nervensystems ein: Der Nervus vagus ist demnach zweigeteilt und der ventrale Zweig verlangsamt nicht nur den Herzschlag, er ist auch eng und reziprok wirkend verknüpft mit fast allen Nerven und Muskeln des Kopfes, welche menschliche Kommunikation ermöglichen.
Dieses verbundene Nervensystem, das sogenannte Social Engagement System (SES), wird durch NZ aktiviert, wenn der Organismus in der Umgebung und viszeral „Sicherheit“ wahrnimmt.
Das bedeutet, dass nur in einer als „sicher“ wahrgenommen Umgebung die physiologische Basis für funktionierende soziale Kommunikation und samt Sensomotorik sowie Selbstberuhigung, Regeneration und guter Schlaf stattfindet. Mit einem ventral-vagal dominierenden Schaltkreis, also „in Sicherheit“, können Sportler auf den verschiedenen Vollzugesebenen die Leistung erbringen, die auch in ihnen steckt. Es gilt also, generell die Neurozeption von Sicherheit zu fördern und auch in diesem Bereich zu trainieren, um Anpassungsleistungen zu erzielen und diesen Prozess im Sinne einer potentiell optimalen Grundlage für sportliche Leistung zu verbessern.
Die Arbeit zeigt, wie in der Leistungsstruktur des Skispringens kognitive, soziale und psychophysiologische Bereiche stark, wenn auch zum Teil indirekt mit der Sprungleistung verknüpft sind. Somit können aus der Polyvagaltheorie abgeleitete Interventionen ein hilfreiches Instrumentarium zur Stabilisierung von Skisprungleistungen und zur Stabilisierung der Leistung in allen anderen Sportarten sein. Das aus den Erkenntnissen der PVT abgeleitete Handlungskonzept bzw. Denkmodell „safety first“ wirkt in vielen Bereichen der Leistungsentwicklung und bietet ein einfaches Denkmodell an, das Trainern dabei hilft, ihre Athleten beim Ausschöpfe ihrer Leistungspotentiale ganzheitlich zu unterstützen.