Weiterführende Analyseergebnisse zur sportpsychologischen Eingangsdiagnostik im Nachwuchsleistungssport Judo
Die internationale Spitze im Judo wird immer größer, enger und dichter. Ein Athlet muss sich auf seinem Weg dahin vielen sportlichen und strukturellen Herausforderungen stellen. Um langfristig erfolgreich zu sein, muss auch die psychologische Komponente berücksichtigt werden. Hier stellt sich besonders in der Nachwuchsförderung immer wieder die Frage nach dem optimalen psychologischen Anforderungsprofil für die Sportart Judo. Ein derartiges Anforderungsprofil könnte die frühzeitige Selektion potentieller Spitzennachwuchsathleten unterstützen.
Die Jugendnationalmannschaft des Deutschen Judo-Bundes e.V. arbeitet seit mehreren Jahren mit einem Team aus Sportpsychologen zusammen. Bei Eintritt in die Jugendnationalmannschaft (14/15 Jahre) wird einmalig eine sportpsychologische Eingangsdiagnostik durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Fragebögen – aus 5 Jahren – dienen als Grundlage für diese Arbeit. Die damit durchgeführten statistischen Untersuchungen sollen aufzeigen, ob innerhalb festgelegter Gruppen verschiedene Persönlichkeitsmerkmale signifikant sind. Die vorgenommene Klassifizierung erfolgte mit Hilfe aktueller sportartspezifischer Parameter (Kaderstatus, internationale Erfolge im Kadetten- bzw. Junioren-Bereich).
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die durchgeführten statistischen Analysen mehrere Parameter identifiziert haben, welche für den Judo-Leistungssport von Relevanz sind. Persönlichkeitsmerkmale wurden ermittelt, welche für den Verbleib bzw. den Erfolg in der Sportart Judo eine hohe Relevanz haben. Weiterhin ergaben sich geschlechterabhängige als auch geschlechterunabhängige Differenzen.
Konkret bedeutet das, dass der „Aktivierungsmangel“ und die „Furcht vor Misserfolg“ geschlechterunabhängig eine große Rolle beim Verbleib in der Sportart Judo spielen (aus Analyse Bundeskader vs. Drop-Out-Athleten). Für die Mädchen wurde weiterhin die „Handlungs- und Lageorientierung nach Misserfolg“ als maßgebend für eine erfolgreiche Laufbahn identifiziert. „Macher“-Typen sind dabei eindeutig die erfolgreicheren Athletinnen. Bei den Jungs wurde die „Wettkampforientierung“, die „Zielorientierung“ und „Konzentrationsstörungen“ als entscheidende Parameter heraus kristallisiert.
Geschlechterabhängig konnten – speziell für die Sportart Judo – die „Handlungs- und Lageorientierung nach Misserfolg“, die „Wettkampforientierung“ und die „Gewinnorientierung“ als signifikant unterschiedlich ermittelt werden. Diese Aspekte können weitere Hinweise im Umgang mit dem jeweiligen Geschlecht geben z.B. in Trainingssituationen. Die ermittelten Ergebnisse entsprechen weitestgehend den Erfahrungen der Praxis. Somit können für die Nachwuchsförderung im Judo erste Rückschlüsse für z.B. die Sichtung gezogen werden.
Zusammengefasst lässt sich also festhalten, dass trotz der Individualität jedes Einzelnen es verstärkt Anforderungen im Judo zu geben scheint, welche ähnliche Persönlichkeitsmerkmale erfordern. Die dargestellten Ergebnisse können wertvolle Hinweise in Bezug auf die Trainingsgestaltung bzw. Nachwuchsförderung in der Sportart Judo geben. Letztendlich sind natürlich auf dem Weg in den Hochleistungsbereich noch viele andere Faktoren für eine erfolgreiche Karriere verantwortlich. Jedoch hat die Untersuchung gezeigt, dass bestimmte Persönlichkeitseigenschaften mehr zum Verbleib und dem Erfolg in der Sportart Judo beitragen können als andere.