Anhalten und Reflektieren
Wissen, vor allem „technisches“ Wissen, allein ist nur ein Aspekt, wenn ein Trainer die höchste Qualitätsstufe erreichen bzw. dort bleiben will. Regelmäßiges Reflektieren über das eigene Tun oder Nachdenken über Grundsätzlicheres gehört unbedingt auch dazu. Doch: nicht nur in der bereits häufiger erwähnten Studie von Muckenhaupt und der parallelen von Digel ist nachzulesen, wie viel Zeit ein Trainer schon in seine Tätigkeit investiert und, im Umkehrschluss, wie wenig „freie“ Zeit ihm bleibt. Die meisten von Ihnen dürften das am eigenen Leibe spüren. Und dann noch Reflektieren?
Ed Schein, einer der weltweit führenden Köpfe in der Organisationspsychologie, Beratung und Managementlehre, mittlerweile 82jährig und immer noch aktiv, gab er der Zeitschrift Managerseminare (Ausgaben Januar 2011) ein Interview, in dem er sich auch zu vergleichbaren Problemen bei Führungskräften äußerte.
Er spricht die vielen Zeiten an eines typischen Tagesablaufes wie Zugfahrten, Warten auf dem Flughafen und Ähnliches an, und empfiehlt, „dass sie diese Zeiten hochwertigen Verwendungen widmen sollen. Also nicht in der Wartehalle aufgeregt herumrennen und ohne Pause irgendwelchen Leuten wegen unwichtiger Dinge hinterhertelefonieren. Diese Zeiten sollten der Reflexion gewidmet werden.“ In diesen Zeiten gibt es, wenn man will (und möglicherweise selbst auslöst…), weniger Störungen. Und deshalb sollte man die Zeit z.B. in der Bahn „mit Nachdenken verbringen, gezielt an einem Thema, das intellektuell ergründet werden will. Nur so gelangt (man) zur nötigen Reflexion, die … den Zugang zu dem öffnet, was um (einen) herum vorgeht.“
Auf die Umsetzbarkeit angesprochen, sagt Schein: „Geschäftig tun fällt jedem leicht. Reflexion dagegen ist nicht immer das Naheliegende, sie stellt sich nicht automatisch ein. Aber jeder … kann das lernen. Wenn man sich ein paar Mal bewusst dem Nachdenken zuwendet, wird es zur Routine. So gelingt dann auch der Zugang zu Themen, die abseits der täglichen Dringlichkeiten liegen, die aber dennoch wichtig sind.“
Übrigens: aus der Muckenhaupt-Studie geht auch hervor, dass Trainer relativ viel Zeit mit Reise- und Fahrzeiten verbringen…